Land der ungeliebten Sonne
Kaum beginnt der Frühling hier in Kyoto, bauen die Kaufhäuser große Stände mit einer Kollektion an Regenschirmen auf. Nicht des Regens wegen. Sondern gegen die Sonne! Eine ganze Industrie lebt in diesem Land vom UV-Schutz, denn viele japanische Frauen setzten alles daran, Sonnenlicht von ihrer Haut fern zu halten. Und so kann man dieser Tage neben Schirmen auch spezielle Sommerhandschuhe erwerben und aus einer riesigen Auswahl an Sonnenhüten mit breiter Krempe wählen.
Auch wenn der Kaiser offiziell von der Sonnengöttin abstammt und die Sonne die japanische Flagge ziert: Sonnenbaden ist so ziemlich das Letzte, was eine Japanerin freiwillig tun würde. Während in Europa die Urlaubsbräune immer noch eine Gütesiegel für ein gelungene Reise ist, ist in Japan eine möglichst helle Haut das Maß der Dinge. Was einerseits mit hiesigen Schönheitsidealen zu tun hat und andererseits damit, dass die Sonne hier ein bisschen intensiver scheint und damit das Hautkrebsrisiko entsprechend höher ist.
Von Kopf bis Fuß vermummt
Und so sieht man japanische Frauen im Sommer regelmäßig komplett vermummt. Ein großer Hut auf dem Kopf, eine Maske vor dem Gesicht, lange Ärmel und Handschuhe. Und daneben stehen dann Touristinnen in kurzen Hosen und Trägertop … Regenschirme kommen hier mit einem Etikett, das deutlich sichtbar den UV-Schutz bestätigt. Gleichzeitig haben sie Rüschen an den Rändern und sehen damit aus wie die Sonnenschirme aus einer Jane Austen-Verfilmung. Weil viele Frauen in Kyotos Innenstadt auf dem Fahrrad unterwegs sind, findet man an den Rädern häufig Halterungen für die Schirme, die weniger bei Regen, als vor allem im Sommer zum Einsatz kommen. Und ich vermute, dass die Abneigung der Japanerin gegen einen dunklen Teint auch einer der Gründe ist, warum man hier kaum Restaurants oder Cafés mit einer Sonnenterrasse findet. Da will einfach keiner sitzen.
Ich selber habe übrigens letztes Jahr schon vom reichhaltigen Angebot an Hüten Gebrauch gemacht, da ich im Sommer trotz Lichtschutzfaktor 50 immer wieder Sonnenbrand bekommen habe. Und nennen nun einen schicken Strohhut mein Eigen, den ich so langsam wieder aus dem Schrank holen sollte. Denn die ersten Kirschblüten-Ausflüge bei strahlend blauem Himmel haben meine Sonnencreme schon wieder an den Rand der Belastungsgrenze gebracht.