Kaninchen-Insel

Kaninchen-Insel

18. Januar 2019 2 Von Sabine

Hello Kitty kann einpacken! Denn hier kommt … die Kaninchen-Insel! Ein kleines Eiland, das man als Tagesausflug von Hiroshima aus erreichen kann, und auf dem rund 1.000 halbzahme Kaninchen ein glückliches Nagetierleben verbringen. Keine Feinde, aber dafür jede Menge Touristen mit Futtertüten. Niedlicher geht es nun wirklich nicht!

Bekannt ist die Insel unter dem Namen Rabbit Island. Offiziell heißt sie Ōkunoshima – und war viele Jahre von den Landkarten verschwunden. Denn von 1926 bis 1945 war die Insel militärisches Sperrgebiet, und das Militär hat mit allerlei Tricks dafür gesorgt, dass die Insel national und international „übersehen“ wurde. Was deutlich einfacher ist, wenn man ein aus mehreren tausend Inseln und Inselchen bestehender Staat ist, weswegen eine mehr oder weniger nicht unbedingt auffällt. Und wenn noch keiner Google Maps erfunden hat. 

Auf der Insel wurden zahlreiche Anlagen zur Giftgasproduktion errichtet, die nach der Kapitulation des Landes im September 1945 demontiert wurden. Heute stehen noch Ruinen davon, ein Museum informiert über dieses dunkle Kapitel der japanischen Geschichte, denn hier kamen auch viele koreanische Zwangsarbeiter ums Leben. Die wenigsten Besucher kommen jedoch für eine Lehrstunde in japanischer Geschichte. Durch die Ruinen hoppeln Kaninchen in allen Farben und warten darauf, dass die Besucher die Futtertüten öffnen. 

Häschen in der Grube

Wie kamen nun die Kaninchen auf die Inseln? Eine Variante der Geschichte besagt, dass es die Nachfahren der Versuchskaninchen der Giftgasproduktion sind, die nach Kriegsende nicht getötet, sondern freigelassen wurden. Eine andere Version geht so: die Versuchskaninchen wurden doch alle getötet. Aber Jahre später haben Schüler eine paar Kaninchen auf der Insel freigelassen. Sicher ist nur eins: da das Militär die Insel im Zuge des Baus der Giftgasproduktion systematisch von Tieren wie Ratten oder Mardern gesäubert hat, die an den Versuchsanlagen Schaden hätten anrichten können, fanden die Kaninchen hier paradiesische Bedingungen vor, um sich ungestört vermehren zu können.

In Deutschland hätten die Behörden das Eiland wahrscheinlich schon gesperrt, um eine Interaktion zwischen ungeimpften Kaninchen und Menschen zu verhindern. In Japan ruft man kawaii! (niedlich), richtet eine Fährverbindung ein, eröffnet ein Hotel auf der Insel und einen Kaninchen-Devotionalienshop auf dem Festland – fertig ist der ideale Familien-Ausflug. Der Ehrlichkeit halber muss man hinzu fügen, dass auch die unrühmliche Vergangenheit der Insel aufgearbeitet wurde, und man nicht nur das Museum eingerichtet, sondern auch zahlreiche Hinweistafeln an den Ruinen angebracht hat.

Schon kurz hinterm Fähranleger nehmen die ersten Kaninchen dankbar die Futterspenden entgegen. Einige Langohren scheinen sogar schon satt zu sein und liegen gemütlich in kleinen Gruben. Es dauert eine gute Stunde, dann hat man das Eiland umrundet. Und die meiste Zeit davon hockt man vor Nagern, die einen herzerweichend anschauen und einem aus der Hand fressen. Die hoppelnde Niedlichkeit steht dabei in krassem Gegensatz zu den Ruinen, die die Insel zum idealen Schauplatz für einen James Bond Showdown machen würde. Eine wirklich bizarre Kombination. Und eines ist klar: so etwas kann es nur in Japan geben!

Praktische Informationen

Es gibt eine offizielle Website mit ausführlichen Anreiseinformationen nach Tadanoumi, von wo aus die Fähre ablegt. Im Shop am Fähranleger kann man für wenig Geld Tüten mit Futterpellets kaufen. Zur Müllvermeidung auf der Insel gibt es eine gratis Postkarte, wenn man bei der Rückkehr seine leere Tüte wieder abgibt. Zug und Fähre sind aufeinander abgestimmt. Allerdings war bei meinem Besuch so viel Betrieb, dass die Fähre – sehr unjapanisch! – aus dem Zeitplan war. Der kleine Bahnhof von Tadanoumi verfügt über eine gemütliche Wartehalle mit kleiner Bibliothek. Nebenan gibt es einen konbini, in dem man Snacks und Getränke bekommt.