Das liebe Geld

Das liebe Geld

2. August 2018 0 Von Sabine

Wir müssen über Geld sprechen, auch wenn man das ja eigentlich nicht tut. Aber es fängt schon damit an, dass der Yen gar nicht Yen heißt, sondern en ausgesprochen wird. Und weil er so viele Nullen hat, wird bei größeren Summen mit 10.000ern gerechnet. Die heißen man, und 100.000 Yen werden demnach gezählt als 10 man (also 10 x 10.000). Und das ist es auch, was der Verkäufer einem sagt, wenn man nach dem Preis fragt. Mathematisch minderbegabte Menschen wie ich sollten in Japan daher lieber keine größeren Anschaffungen tätigen, der Rechnerei wegen.

Apropos Rechnerei, viele Preise sind hier ohne Steuern ausgewiesen. In den berühmten 100 Yen-Läden etwa (Japans Antwort auf den 1 Euro-Shop) kostet alles so lange 100 Yen, bis man zur Kasse geht. Da werden die Steuern addiert, und es sind plötzlich 108 Yen. Was immer noch deutlich unter einem Euro ist. Und die Qualität der Produkte ist auch viel besser als beim deutschen Pendant. Der Service sowieso.

Zum Bezahlen legt man das Geld bitte hübsch auf das bereitgestellte kleine Tablett, alles andere wäre unhöflich. Auch die Herausgabe des Wechselgeldes hat Stil. Der Kassierer hält zunächst die Scheine leicht zur Seite und zählt sie durch. Dann bekommt der Kunde erstens sein Geld mit beiden Händen überreicht und zweitens Zeit, die Scheine wegzustecken. Erst dann wird das Kleingeld rausgegeben. Optional wird beides auch auf ein weiteres Tablett gelegt und über die Theke geschoben. Nach dem Geld wird dem Kunden noch die Tüte mit den Einkäufen mit großer Geste überreicht und mit beiden Händen der Kassenbon formvollendet präsentiert. Gerne zusammen mit einer kleinen Verbeugung.

Die meisten Kassen sind inzwischen automatisiert. Der Kassierer wirft oben das Geld rein und die Kasse spuckt unten automatisch das korrekte Wechselgeld aus. Und wenn man eine 250 Yen-Rechnung mit einem 10.000 Yen-Schein zahlt, runzelt hier keiner die Stirn. Wechselgeld ist immer genug in der Kasse. Das Anstellen an der Kasse erfolgt übrigens in der Regel in einer Reihe. Wer ganz vorne in der Schlange steht, geht dann zur jeweils nächsten frei werdenden Kasse. Damit sich die Schlange an der richtigen Stelle bildet, haben viele Läden auf dem Fußboden vor den Kassen entsprechende Pfeile aufgeklebt. Lange Schlangen an der Kasse gibt es aber nicht. Manchmal reicht es schon, wenn ein (!) Kunde auf eine freie Kasse warten muss, schon machen sie eine für ihn auf.

Wenn ich meine Stromrechnung bezahlen will, gehe ich dazu in den Konbini. Das ist Japanisch für Convenience Store und bezeichnet die kleinen Supermärkte, die es an jeder Ecke gibt. Hier bekommt man Sushi, Sandwiches und warmes Essen, kann an einem Tresen neben dem Eingang all das bei Bedarf auch direkt essen, und nebenbei noch Putzzeug, Kosmetika, Zeitschriften und Briefmarken kaufen. Und das fast rund um die Uhr. Meine Stromrechnung lege ich einfach zum Einkauf dazu, dann wird sie mit abgerechnet wie jedes andere Teil im Einkaufskorb auch. Ich bekomme eine gestempelte Quittung  – und das wars! Auch meine Chipkarte für Bus und Bahn lade ich hier an der Kasse mal eben mit auf.

Ein Konto habe ich bisher noch nicht eröffnet. Schon alleine deshalb, weil ich dazu erst einen Siegelstempel brauche. Denn hier wird nicht unterschrieben, sondern gestempelt. Damit das auch gerichtsfest ist, muss das Siegel zuvor bei der Stadt registriert werden. Und der Stempel sollte dann zu Hause besser gut verschlossen sein. Denn wer ihn hat, kann das Konto leer räumen. Da schiebe ich dann doch lieber meine deutsche Kreditkarte in einen Geldautomaten (der steht auch in jedem Konbini) und meine Miete überweise ich von Deutschland aus.

Alles in allem ist man in Japan noch sehr auf Bargeld ausgerichtet, was mir mangels hiesigem Bankkonto sehr entgegen kommt. Ebenfalls höchst erfreulich: Trinkgeld gilt hier als unhöflich! Wer im Restaurant aufrundet und dann geht, dem läuft das Personal mit dem Wechselgeld auf die Straße hinterher. Apropos Restaurant: Auch wenn Japan ein teures Land ist, so ist Essen im Verhältnis doch eher günstig und gleichzeitig von hoher Qualität. Natürlich kann man auch hier viel Geld für Essen ausgeben (ich sage nur: Kobe-Rind), aber man bekommt ebenso gut für unter 5 Euro eine warme Mahlzeit im Restaurant, die sich sehen lassen kann. Leitungswasser und/oder Tee gibt es gratis dazu. Überteuert ist hier nur Kaffee. Es kann vorkommen, dass man im Restaurant 500 Yen für eine Tasse Kaffee zahlt, während im selben Laden eine warme Mahlzeit schon für 600 Yen zu haben ist. Was auch sehr teuer ist: Obst. Vor allem, wenn es nett verpackt ist, denn es wird hier gerne verschenkt. Das macht die Kiwi, die ich morgens in mein Müsli schnibbel, zu einem wahren Luxus.

Übrigens sind die Preise im Konbini nicht großartig höher als im normalen Supermarkt. Auch im Bahnhof gibt es keine Bahnhofspreise. Im Gegenteil, man bekommt dort recht günstig eine leckere Lunchbox (bento) für die Zugfahrt. Nach unten geht aber noch was. Ich habe um die Ecke neben einem Supermarkt in der Liga eines Rewe auch einen Discounter, den ich gerne meinen japanischen Aldi nenne, auch wenn er urjapanisch ist. Als ich kürzlich mit meinem Klassenkameraden Filipe aus Portugal unterwegs war und wir uns darüber austauschten, wo man hier günstig einkaufen kann (wir leben schließlich alle von unserem Ersparten), war ich nicht sicher, ob er versteht, was ich meine, wenn ich von einem Aldi spreche. Also beschrieb ich den Laden als einen Supermarkt, in dem sie die Sachen direkt aus dem Pappkarton verkaufen. Antwort von Filipe: „Oh, just like Lidl!“