Die Trauben des Meeres

Die Trauben des Meeres

28. Dezember 2018 0 Von Sabine

Des Japaners Vorliebe für die reichhaltige Nutzung von Algen und Seetang in der einheimischen Küche ist bekannt. Aber auf Okinawa bin ich auf eine Algenart gestoßen, die mir so in Japan bisher noch nicht untergekommen ist. Was schade ist, denn sie ist wirklich lecker. Der wissenschaftliche Name dieser grünen Leckerei ist Caulerpa lentillifera, und auf Japanisch heißt sie umibudō, was sich als Meerestraube übersetzt – und das beschreibt die Alge ganz wunderbar. Sie sieht nämlich wirklich aus wie die Miniaturversion einer Traubenrebe.

Kaum angekommen in Naha, der Hauptstadt Okinawas, sah ich umibudō auf dem Markt, und konnte mir zunächst nicht recht erklären, was das bitte sein sollte. Am Abend fand ich sie unter dem Namen seagrapes auf der bebilderten Speisekarte unseres Restaurants. Das musste ich probieren! Die Alge kam mit Zitrone und Sojasoße. Erstmal pur testen: die Träubchen platzen im Mund, ähnlich Weintrauben, der Geschmack ist überwiegend salzig. Alles in allem recht frisch. Mit Zitronensaft und Sojasoße richtig lecker. Davon wollte ich mehr!

Blick in die Traubenfarm

Zum Glück hat jedes Restaurant auf Okinawa die Alge im Angebot. Und so gab es in den nächsten Tagen für mich Algen-Omelette, Bruschetta mit Tomaten, Zwiebeln, seagrapes und rohem Fisch (einfach köstlich!) und Meeresfrüchtesalat mit umibudō-Topping. Sogar zum Nachtisch wurden die Algen aufgetischt: Vanilleeis mit seagrapes (großes Bild oben). Muss man mögen. Ich würde es ehrlich gesagt nicht nochmal bestellen. Das süße Eis verstärkt den salzige Geschmack der Alge, für mich aber zu sehr. 

Bei unserer Radtour über Kumejima kamen wir am Ende des Tages auch an einer seagrapes-Fabrik vorbei. Denn inzwischen werden die Algen nicht mehr nur aus dem Meer geholt, sondern gezielt produziert. Ein Arbeiter vor der Fabrik sprach mich an, und ich fragte daraufhin in meinem schönsten Japanisch gleich mal, ob man sich die Sache ansehen darf. Darf man. 

In der Fabrikhalle steht ein Wasserbecken neben dem anderen, in die frisches Meereswasser gepumpt wird. Bei konstant 24 Grad gedeihen die Algen am besten. 64 Tage dauert es, bis die Trauben des Meeres verkaufsreif sind. Während sie zunächst frei in einem Becken schwimmen, werden sie später auf Netze gesetzt. Geerntet werden sie von Hand – schließlich sollen sie erst im Mund platzen.