20 Gründe, warum Fahren mit Bus und Bahn in Japan so viel schöner ist

20 Gründe, warum Fahren mit Bus und Bahn in Japan so viel schöner ist

4. September 2018 2 Von Sabine

Für passionierte Nutzer des Öffentlichen Nahverkehrs ist dieses Land eine Offenbarung. Ein paar Gründe dafür habe ich hier zusammengetragen. Es gäbe aber noch so viele mehr …

  1. Die japanische Bahn ist pünktlich. Punkt!
  2. Busfahrer und Lokführer tragen Uniform, komplett mit Dienstmütze und weißen Handschuhen. Wer kann sich dem Charme eines solchen Chauffeur-Service entziehen?
  3. Weil es hier im Sommer hübsch warm ist, wird ein nicht unerheblicher Teil der Bushaltestellen zu dieser Jahreszeit mit einem feinen Sprühnebel gekühlt (rechts). Ein schönes Kontrastprogramm zur Deutschen Bahn, bei der sich ab 30 Grad die Klimaanlagen abschalten …
  4. Die Busfahrer sind hier nicht nur gut gekleidet, sondern auch noch äußerst höflich. Alle haben eine Mikrofon und sagen – zusätzlich zu den automatischen Haltestellenansagen vom Band in Kombination mit einer zweisprachigen schriftlichen Anzeige – noch ein paar Mal durch, wo sie gleich halten. Manche gehen sogar so weit, die Gäste die ganze Fahrt über freundlich darauf hinzuweisen, dass und in welche Richtung sich der Bus bewegt. Dann hört man die ganze (!) Zeit: „Der Bus fährt jetzt aaaan.“ Oder: „Der Bus biegt jetzt links aaab.“ Da kann man sich frühzeitig festhalten und locker in den Knien mitgehen.
  5. Der Busfahrer verabschiedet sich persönlich von jedem Fahrgast. Denn hier gilt: Einstieg ist hinten, Ausstieg ist vorne. Dort wirft man wahlweise das (bitte passende) Kleingeld in die Zählmaschine oder lässt die Chipkarte kurz piepen. Der Busfahrer begleitet das bei jedem Fahrgast mit einer angedeutete Verbeugung und einem arigato gozaimashita – einem sehr höflichen Danke. Die japanische Sprache kennt verschiedene Eskalationsstufen zum Ausdruck von Erkenntlichkeit. Und das ist schon eine ordentliche.
  6. Ich kann hier mit einer einzigen Chipkarte Bus, U-Bahn und die Regionalbahn benutzen. Nicht nur in Kyoto, sondern in ganz Japan. Mit der Karte kann ich außerdem in vielen Läden meine Einkäufe bezahlen. Und sie umgekehrt in jedem Konbini aufladen.
  7. Was Busfahren kostet? Lachhaft wenig! Für den Innenstadtbereich von Kyoto gilt eine Flatrate von 230 Yen. Das ist weniger als die Kurzstrecke in Deutschland. Und dafür kann man hier auch mal ’ne halbe Stunde durch die Stadt juckeln. Zugfahren innerhalb der Stadt (etwa vergleichbar mit einer S-Bahn) ist sogar schon ab 180 Yen zu haben.
  8. Zu wenig Geld auf der Karte? Macht nix! An jedem Bahnhofsausgang gibt es Automaten zum Nachlösen. Auch beim Busfahrer kann man bar nachzahlen, wenn das digitale Guthaben nicht für die 230 Yen-Flatrate reicht. Worauf er einen äußerst höflich hinweist. Um nicht zu sagen, er entschuldigt sich dafür, dass er eine leider darauf hinweisen muss, dass man noch mal eben nachzahlen müsste. Kann sich das jemand bei der BVG in Berlin vorstellen? Da würde des Busfahrer einen in breitem Berlinerisch anpampen, ob man glaube, dass die BVG ein Sozialwerk sei …
  9. Vor allem private Bahnen lieben Joint Ventures mit berühmten Comicfiguren. Neulich kam mir zum Beispiel der Snoopy-Zug unter. Miffy, das kleine weiße Kaninchen aus den Niederlanden, trägt ebenfalls eine japanische Lokführeruniform. Aber auch Japan Railway, das hiesige Pendant zu Deutschen Bahn, lässt sich nicht lumpen und hat kürzlich einen Hello Kitty!-Shinkansen auf die Schiene gesetzt. Mit dem ich natürlich noch zu fahren beabsichtige. Auch wenn die Eindrücke auf der offiziellen Website befürchten lassen, dass ich der Farbe Pink danach nie wieder unvoreingenommen begegnen werde …
  10. Da der Zugang zum Bahnsteig nur möglich ist, nachdem man mit dem Ticket eine Schranke geöffnet hat, kann man am Kyotoer Hauptbahnhof zur Verabschiedung seiner Liebsten eine Bahnsteigkarte lösen. Das ist so hübsch antiquiert, da wird einem gleich warm ums Herz.
  11. Weil es hier kein Gedrängel und Geschubse beim Einsteigen gibt. Denn man stellt sich in einer Reihe an. Dazu sind an größeren Bushaltestellen extra Linien auf dem Boden aufgemalt, die die Fahrgäste im Zickzack auffädeln. An den Bahnsteigen ist genau markiert, wo die Türen des Zuges sein werden, und dort stellt man sich an. Diese Markierungen lassen sich zugleich für regionales Marketing nutzen. In Fukui zum Beispiel sind es Fußabdrücke von Dinosauriern, die für das dortige Dinosauriermuseum werben (rechts). Auf der Anzeigetafel am Bahnsteig steht dann, in welchem Bereich der Zug hält – und da hält er dann auch. Ich bin mir nicht sicher, ob es für die Ansage „verkehrt heute in umgekehrter Wagenreihung“ überhaupt hinreichend japanische Vokabeln gibt.
  12. Weil die Bahn hier Verhaltenshinweise für ihre Gäste aufhängt. Was ein bisschen Perlen vor die Säue ist, angesichts der ohnehin schon sprichwörtlichen japanischen Höflichkeit. Aber vielleicht tun sie auch nur so, als sei es von Japanern für Japaner – und wollen so in Wahrheit die ungehobelten Ausländer erziehen …
  13. Weil zu besagten Verhaltensregeln gehört, dass man nicht in Bus und Bahn telefoniert. Man stelle sich vor, wie herrlich der ÖPNV in Deutschland wäre, wenn man nicht täglich unfreiwillig anderer Leute Beziehungsprobleme, Krankengeschichten und voll dynamische Businesscalls mit anhören müsste.
  14. Weil die Einfahrt eines Zuges nicht selten mit einem Jingle angekündigt wird. Statt eines leidenschaftslos genuschelten „bitte Vorsicht bei der Einfahrt“ gibt es hier ein peppiges Stückchen Musik. Im Zug spielen sie sowas auch, bevor jemand durchsagt, wo gleich gehalten wird. Das weckt die schlafenden Reisenden etwas sanfter auf.
  15. Weil ein Bahnhof hier mehr als nur ein zweckgebundenes Gebäude zur Abfertigung von Zügen ist. Der Hauptbahnhof Kyoto ist eine Shoppingmall, verfügt über einige ausgezeichnete Restaurants, hat ein kleines Kunstmuseum und illuminiert jeden Abend die große Treppe zur Dachterrasse (!), und das mit wechselndem Programm zu Musik. Auf seiner Website bietet er zudem noch fundierte Sightseeing-Informationen zu Tempeln, Gärten und Sehenswürdigkeiten in seiner Umgebung.
  16. Das Personal am Ticketschalter im Hauptbahnhof schaute neulich etwas irritiert, als ich fragte, ob ein Ticket billiger wird, je früher ich es kaufe. Die Antwort war nein. Ein Ticket kostet, was es kostet. Ob ich es Monate vorher kaufe oder kurz vor Abfahrt aus dem Automaten ziehe. Nicht nach Sparpreisen jagen zu müssen, ist auch irgendwie entspannend.
  17. Weil Züge, die an die Küste fahren, ein Karte mit Notfallhinweisen haben für den Fall, dass der Zug von einem Tsunami hinweggespült wird. Und natürlich ist das alles auch irgendwie niedlich, etwa, wenn ein Panda den Notausstieg erklärt (siehe unten).
  18. Weil Züge hier in verschiedenen Klimatisierungsstufen kommen. Als Fahrgast kann man sich dann zwischen kühl und Eisfach entscheiden, je nach persönlicher Hitzewallung.
  19. Weil dieses Land eine Schwäche für Maskottchen hat, und so haben auch Bus- und Bahnbetriebe oder gleich einzelne Produkte wie bestimmte Fahrkarten ein solches. Was bedeutete, dass arme Menschen in Buskostümen durch die Welt laufen müssen, um zum Beispiel Kyo-chan und To-kun darzustellen, die Maskottchen des hiesigen städtischen Busbetriebes. Der Suffix chan steht dabei für ein kleines Mädchen, mit kun werden kleine Jungen bezeichnet. Warum man das für tonnenschwere Busse für passend hielt, bleibt ein Geheimnis der Marketingabteilung. Aber gut, meine Chipkarte wird auch von einem blauen Schnabeltier beworben, und das ist bekanntlich nur in Australien heimisch. Landestypische dafür ein kleiner Ninja, der ebenfalls eine Chipkarte bewirbt und immer gut sichtbar seine Waffen bei sich trägt. Den will man in der Bahn dann auch nicht neben sich sitzen haben …
  20. Tama!