Japans schräge Schreine – Teil 2
Vor einiger Zeit habe ich schon einmal über ein paar schräge Schreine und Tempel berichtet, die ich besucht habe. Und dieses Land hört nicht auf, mich in diesem Bereich zu überraschen. Hier also weitere Beispiele für außergewöhnlichen göttlichen Beistand.
Wo die bunten Affen hängen
Auf dem Weg zum berühmten Kiyomizu-dera Tempel hier in Kyoto liegt der kleine Yasaka Koshin-do Tempel (großes Bild oben). Der fällt ziemlich aus dem Rahmen, denn auf dem Gelände hängen hunderte bunte Stoffbälle. Die stellen Affen dar, die an Händen und Füßen zusammengebunden sind. Affen sind dem Menschen zwar ähnlich, unterscheiden sich aber von ihm unter anderem dadurch, dass sie jedem Impuls sofort nachgeben und wenig Disziplin haben. Deswegen soll man auf die Stoffäffchen nicht nur einen Wunsch schreiben, wie in anderen Tempeln, sondern auch ein Laster, das man aufgeben will, um im Gegenzug den Wunsch erfüllt zu bekommen. Da der Affe an Händen und Füßen zusammengebunden ist, kann er dem Laster nicht mehr nachgeben. Der Gedanke an das gefesselte Äffchen soll daher helfen, diszipliniert zu bleiben.
Der hölzerne Doktor
Man übersieht dieses etwas verwitterte Statue leicht, wenn man aus dem Todai-ji Tempel in Nara kommt, und noch unter dem Eindruck der riesigen Buddhastatue ist. Neben dem Ausgang des gewaltigen Tempelgebäudes sitzt Binzuru, einer der Jünger Buddhas, und er hat heilende Kräfte. Alles was man tun muss: erst das fragliche Körperteil der Statue reiben, dann die entsprechende Stelle am eigenen Körper – und schon tut es nicht mehr weh! Dass die Statue vor und nicht im Tempel sitzt, dafür gibt es einen Grund. Binzuru enttäuschte Buddha, weil er sich dem Alkohol hingab. Buddha schickte ihn fort, doch Binzuru folgte dem Erleuchteten weiterhin und saß stets vor Buddhas Zelt, um ihn predigen zu hören. Kurz vor seinem Tod vergab Buddha dem treuen Binzuru und wies ihn an, der Welt als Heiler zu dienen. Und so finden sich in Japan heute vor verschiedenen Tempeln Statuen Binzurus.
Wo Rugby-Fans beten
Auf dem Gelände des Shimogamo Schreins in Kyoto steht auch Sawatasha, ein kleiner Schrein, der dem Sport gewidmet ist. Genauer gesagt, hier geht es um Rugby. Denn auf dem Gelände des Schreins hat im Jahr 1910 das erste Rugby-Spiel in Kyoto stattgefunden. Heute kann man hölzerne ema (Täfelchen, auf denen man seinen Wunsch an die Götter notiert) kaufen, die wie ein Rugby-Ball aussehen. Der Schrein dürfte dieses Jahr übrigens besonders viel Aufmerksamkeit bekommen, denn von September bis November finden in Japan die Rugby-Weltmeisterschaften statt.
Göttlicher Virenschutz
Nicht weit von der großen Einkaufsstraße Shijo-dori entfernt steht der Kyoto Daijingu Schrein. Dieser Schrein zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass er mit einer niedlichen kleine Comicfigur für sich wirbt, er bietet auch einen besonderen Service. Hier kann man nämlich nicht nur – wie in vielen Schreinen in Japan – um einen passenden Ehepartner bitten. Der Schrein annonciert auch, dass man dort Gebete käuflich erwerben kann, die Smartphones und Computer vor Übel bewahren. Wer braucht einen Virenscanner, wenn er göttlichen Beistand hat?!
Auf allen vieren zum Liebesglück
In Gion, einem der Geisha-Distrikte hier in Kyoto, steht ein kleiner Schrein namens Yasui Konpira-gu. Vor allem (junge) Frauen kommen hierhin, denn im Schrein gibt es einen seltsam geformten Stein mit einem Loch. Wer eine schlechte Beziehung beenden und/oder eine gute Beziehung vertiefen oder initiieren will, der muss durch dieses Loch krabbeln. Und zwar in beide Richtungen. Danach schreibt man seinen Wunsch noch auf ein spezielles Stück Papier, das man vor Ort käuflich erwerben kann, und klebt es zu den vielen anderen auf den Stein. Die Götter regeln dann den Rest und liefern die bestellte Beziehungskiste.
Cool Buddha
Wer sich auf der Insel Miyajima aufmacht, den Gipfel des heiligen Berges Misen zu erklimmen (die gute Nachricht: den ersten Teil des Weges kann man per Seilbahn zurücklegen), kommt unterwegs durch einen Tempelkomplex, der zum weiter unten gelegenen Daisho-in Tempel gehört. Entlang des Weges stehen viele kleine Figuren, die wohl die Jünger Buddhas darstellen sollen. Die Kerlchen sind ohnehin schon mit ein wenig Witz und Augenzwinkern vom Steinmetz entworfen worden, aber Besucher haben der Sache noch die Krone oder eher Mütze aufgesetzt. Und so kommt man auf den letzten Metern zum Gipfel nicht nur ins Schwitzen, sondern muss auch ziemlich schmunzeln …