wörtlich: momiji
Es gibt Worte, die kennt nur der Japaner. Heute: momiji.
Dieses Wort beschreibt laut Wörterbuch das sich rot färbende Laub der Ahornbäume. Aber momiji ist mehr als nur buntes Herbstlaub. Es ist ein groß gefeiertes Ereignis, das in etwa das Gegenstück zu hanami darstellt, der Kirschblüte. Das Laub färbt sich hier deutlich später rot als in Europa, momiji feiert man Mitte November bis in den Dezember hinein. Erst jetzt endet die diesjährige Saison. In den Läden ist die Dekoration auf momiji abgestimmt, und es gibt Kekse und Kuchen in Form eines Ahornblattes. Gärten und Tempel haben besondere abendliche Öffnungszeiten, zu denen die Ahornbäume stimmungsvoll beleuchtet werden. Und um dabei zu sein, muss man Schlange stehen und oft deutlich mehr Eintritt zahlen, als zu anderen Jahreszeiten. Junge Frauen ziehen sich ihren besten Kimono an und lassen sich – vom Liebsten oder gleich einem Profifotografen – vor den Ahornbäumen ablichten. Selbstredend habe auch ich ein paar Ausflüge gemacht, um momiji zu erleben. Und so sieht das dann aus:
Engyoji Tempel in Himeji
Um zu diesem Tempel zu kommen, muss man vom berühmten Schloss von Himeji aus zunächst mit dem Bus eine halbe Stunde zur Seilbahn fahren, und dann den Berg Shosha hinauf. Direkt hinter der Seilbahnstation steht eine kleine Bude, in der die Mönche Eintritt kassieren. Denn der Tempel erstreckt sich in zahlreichen Gebäuden und Untertempeln über den gesamten Berggipfel. Und für umgerechnet ungefähr 3,50 Euro darf man sich vorbei an Buddhastatuen auf den Weg machen, diese Tempel zu entdecken.
Der Haupttempel ist Teil einer Pilgerroute, und ich durfte dabei zuhören, wie eine Pilgergruppe sang, während der Duft von Räucherstäbchen durch das alte Holzgebäude wehte. Vom Balkon des Tempels aus blickt man auf rote Ahorn- und gelbe Ginkobäume, eine schöne Kombination. Etwas tiefer im Wald stehen drei Gebäude, in denen früher Priester ausgebildet wurden. Heute ein Museum, aber ab und zu schlägt eine Filmcrew hier ihr Lager auf. Nicht nur zahlreiche japanische Filme wurden hier gedreht. Auch Tom Cruise hat hier für Der letzte Samurai in die Waldeinsamkeit hinaus geblickt. Fotos davon sind prominent im Museum zu sehen.
Byodo-in Tempel in Uji
Wer schonmal in Japan war, aber nicht in Uji, hat diesen Tempel trotzdem gesehen. Denn er ist auf der Rückseite der 10 Yen-Münze abgebildet. Die große Halle nennt sich Phoenix Halle, nach den beiden Vögeln auf ihrem Dach. Auch wenn die eher aussehen wie Kampfhähne, im zum Tempel gehörenden Museum kann man sich ein Exemplar aus nächster Nähe ansehen. Der Tempel ist immer einen Besuch wert, aber zu dieser Jahreszeit ist er auch abends mit spezieller Beleuchtung geöffnet. Die Schlange am Eingang war sehr, sehr lang, die Japaner feiern diese Jahreszeit wirklich mit Leidenschaft. Unter jedem Baum drängelten sich die Fotografen (links).
Kiyomizudera Tempel in Kyoto
Zweifelsohne einer der bekanntesten Tempel in Kyoto, denn seine Terrasse liegt am Hang und wird von einer Konstruktion aus Holzpfeilern gestützt. Leider ist diese wegen Renovierungsarbeiten gerade komplett eingerüstet. Aber der Blick von der Vorderseite war ohnehin schöner, über zahlreiche rote Ahornbäume hinweg schaut man auf Kyoto . Der Kyoto Tower, mit 131 Metern das höchste Gebäude der Stadt, ist dabei deutlich zu erkennen.
Burg Nijo in Kyoto
Es muss ja nicht immer ein Tempel sein. Die Burg Nijo hat in diesem Jahr erstmals ein abendliches momiji-Sonderprogramm, das noch bis zum 12. Dezember läuft. Dabei dreht sich allerdings nicht alles nur ums Laub, sondern auch viel um Blumen. Auf das Eingangstor wird eine Lichtshow projiziert, dank der in Endlosschleife aus einer Art Feuerwerk ein Blumenmeer wird (unten). Im Garten sind die Ahornbäume angeleuchtet und wechseln die Farbe. Im Innern gibt es weitere Installationen. So kann man durch virtuelles Herbstlaub schreiten, das man tatsächlich mit den Füßen durcheinander wirbeln kann. Eine Kombination aus riesigem Blumengesteck und Lichtshow lässt noch einmal den Spätsommer aufleben.
Tofuku-ji Tempel in Kyoto
Einen meiner schönsten momiji-Momente hatte ich hier. Der Tempelgarten steht voll mit Ahornbäumen, und ich war genau zur richtigen Zeit dort. In Kombination mit den alten Tempelgebäuden aus Holz ein sehr stimmungsvoller Ort. Theoretisch jedenfalls, denn praktisch waren hier ganze Busse voller Touristen unterwegs. Trotzdem habe ich es sehr genossen.
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