Durch die Höllen von Beppu

Durch die Höllen von Beppu

6. Januar 2019 2 Von Sabine

Nur wenige Städte würden freiwillig damit werben, dass Besucher bei ihnen durch die Hölle gehen. Beppu auf der südlichsten der vier japanischen Hauptinseln, Kyūshū, tut dies dagegen mit großem Stolz. Denn hier brodelt es. Im wahrsten Sinne des Wortes. Kochend heißes Wasser kommt an über 2.300 Stellen aus dem Boden, überall in der Stadt dampft es. Zu verdanken ist das heiße Wasser den Vulkanen, die in diesem Land an vielen Stellen und eben auch hier schlummern und die Erde aufheizen. Millionen vor allem japanische Touristen kommen jedes Jahr nach Beppu, um sich das Spektakel erst anzusehen und anschließend – für Japaner ein wichtiger Bestandteil ihrer Kultur – in einem Badehaus (onsen) ins heiße Wasser zu steigen. Ein heißes Bad im kalten Winter schien mir eine gute Idee, und so habe auch ich mich auf nach Beppu gemacht.

Doch vor dem entspannenden Bad steht die Touristenpflicht. Denn neben den heißen Quellen, in denen man baden kann, gibt es in Beppu noch die so genannten Höllen. Hier ist das Wasser so heiß, dass darin Eier gekocht und an die Besucher verkauft werden. Optional werden im Wasserdampf Teigtaschen und Pudding gedämpft. Zum Baden wenig einladend. Nur gucken, nicht reinfassen, ist hier die Devise. Und weil die Mineralienzusammensetzung in jeder Hölle eine andere ist, kann man heißes Wasser von leuchtend blau bis blutrot sehen. Riechen tun sie alle gleich: nach faulen Eiern.

Beppu – es dampft in allen Gassen

Die Touristeninformation am Bahnhof verkauft direkt ein Kombiticket für sieben der acht Höllen. Nummer acht ist ausgetreten und kombiniert nun heißes Wasser mit einem Streichelzoo. Kann man sich angucken, muss man aber nicht. Ich belasse es bei sieben Höllen, fünf davon befinden sich im Stadtteil Kannawa, in Laufweite meiner Unterkunft. Für die beiden anderen nehme ich später den Bus, der etwa 10 Minuten braucht. Wer erwartet, in Ruhe aufs heiße Wasser schauen zu können, wird enttäuscht. Souvenirläden und Essgelegenheiten sind noch das kleinste Übel auf dieser Runde. 

Hölle der Bergdämonen

Hölle, Hölle, Hölle

Los geht es in der Hölle des weißen Teichs (Shiraike-Jigoku). Der Höllenteich ist auf typisch japanische Art angelegt und eigentlich recht malerisch. Das Wasser ist in der Tat weiß, und heißer Dampf wälzt sich pausenlos über den Teich. 95 Grad hat das Wasser hier. Während der Shop noch harmlos ist, findet sich hinterm Teich ein Aquarium mit tropischen Fischen. Das heiße Wasser wird – abgekühlt natürlich – für die Becken genutzt. Das Aquarium hat allerdings bessere Tage gesehen, und die riesigen Amazonas-Fische scheinen ihren Becken inzwischen entwachsen. Fürs Erinnerungsfoto darf man sich mit einem riesigen getrockneten Fisch ablichten. Wer’s mag …

Aber es kommt noch schlimmer. In der Hölle der Bergdämonen (Oniyama-Jigoku) nebenan hat man entschieden, dass man die Tropenfische noch überbieten kann – mit Krokodilen. Becken reiht sich an Becken, und alle sind sie überfüllt. Dabei wäre das Ding auch so schon spektakulär genug. Auf einem verschämten Schild steht, dass man mit der Kraft des Wasserdampfes eineinhalb Züge antreiben könnte. Da hätte man doch auch was draus machen können. 

Ofenhölle

Weiter geht es zur Ofenhölle (Kamado-Jigoku). Der Name stammt aus alten Zeiten, als im Dampf des 100 Grad heißen Wasser Reis gekocht und anschließend den Göttern als Opfer dargebracht wurde. Logischerweise kann man hier in Höllenwasser gekochte Eier und in Wasserdampf gestockten Pudding bekommen. Außerdem darf man in Fußbädern etwas weniger heißes Höllenwasser genießen und nebenan den heißen Wasserdampf inhalieren. Wenn er mal besser riechen würde …

Schon seit 1.200 Jahren dampft es aus der leuchtend blauen Meereshölle (Umi-Jigoku), deren Wasser 98 Grad hat (großes Bild ganz oben). Bevor man allerdings dorthin kommt, muss man durch einen riesigen Shop mit angeschlossenem Café. Hier werden neben den obligatorischen Keksen, ohne die kein Japaner von einer Reise nach Hause kommt, auch allerlei Schönheitsprodukte und Badezusätze mit Höllen-Schlamm verkauft. Darunter Badeperlen, die den pseudo-deutschen Namen „Baden Tab“ tragen. Ich kann so gerade eben noch an mich halten.

Mönchskopfhölle

Die letzte Hölle im Kannawa-Distrikt ist schließlich die Mönchskopfhölle (Oniishobozu-Jigoku). Hier blubbert heißer Schlamm, der aussieht, wie der rasierte Schädel eines Mönchs. Auch hier gibt es Fußbäder, aber leider nur mit heißem Wasser, nicht mit Schlamm.

Ich nehme den Bus, um die letzten beiden Höllen zu erkunden. Die Blutteich-Hölle (Chinoike-Jigoku) hat gerade einmal 78 Grad und man braucht länger, um sich durch den Shop zu schieben und endlich zur Hölle zu kommen, als fürs Angucken. Alle schauen aufs rote Wasser, machen ein Foto und gehen wieder.

Nebenan bricht gleich der Geysir aus, das tut er alle 35 Minuten. Also auf in die letzte der sieben Höllen, die Tornado-Hölle (Tatsumaki-Jigoku). Damit das Ganze familienfreundlich bleibt, ist der Geysir an drei Seiten eingemauert, hat ein Dach bekommen, und gegenüber gibt es reichlich Sitzplätze. Pünktlich beginnt der Geysir mit seiner Show, die mich allerdings nur mäßig beeindruckt. 

Blutteich-Hölle

Zu heiß gebadet

Ich beschließe, dass es Zeit ist, in das traditionelle Gasthaus einzukehren, in dem ich mich für die Nacht eingemietet habe. Dort gibt es neben dem in solchen Häusern üblichen Gemeinschaftsbad, das in diesem Fall von einer heißen Quelle gespeist wird, auch kleine Außenbecken zum Baden. Das stelle ich mir romantisch vor, werfe mich in die bereitgelegte Yukata (die japanische Variante des Bademantels), und marschiere zum Bad. Erst duscht man sich ordentlich ab, seift sich ein, duscht sich nochmal, dann geht man ins Bad. So gehört sich das hier, weil sich alle das Badewasser teilen. Theoretisch, jedenfalls. Praktisch ist das Wasser im Außenbecken so heiß, dass ich schon auf der ersten Treppenstufe des Beckens wieder umdrehe. Drei Mal versuche ich es, drei Mal gebe ich auf. So muss sich ein Hummer fühlen, wenn er in den Topf geworfen wird. Ich halte mich für heute ans heiße Bad im Keller. Ohne Sternenhimmel, aber ein paar Grad kühler und damit so gerade eben auszuhalten. 

Hölle des weißen Teichs