Kyoto Sightseeing: Internationales Mangamuseum
Des Regenwetters wegen habe ich mein Sightseeing-Programm in Kyoto mit einem Museum gestartet. Und nicht mit irgendeinem. Was könnte japanischer sein als ein Museum für Manga? Dass Manga deutlich mehr sind als bunte Bilderheftchen für Kinder merkt man schon daran, dass 1. der Vorschlag zur Einrichtung des Museums von der hiesigen Universität kam (die tatsächlich eine ausgewiesene Fakultät für Manga hat!) und 2. ein nicht unerheblicher Teil der Besucher erwachsen war. Und männlich, sage ich gleich mal dazu.
Das Museum ist in einer früheren Grundschule untergebracht, und man geht noch durch das schöne alte Treppenhaus von Etage zu Etage. Die Ausstellungsräume selber wurden modernisiert. Der Spaß an diesem Museum dürfte grundsätzlich deutlich größer sein, wenn man mehr oder weniger fließend Japanisch kann. Denn das Highlight ist sicherlich die größte Mangasammlung der Welt mit rund 300.000 Büchern, von denen etwa 50.000 den Besuchern zum Schmökern zur Verfügung steht. An den Wänden reiht sich Regal um Regal mit Manga, und viele Besucher haben sich gleich ganze Stapel zum Lesen herausgezogen. Die Auswahl reicht von Klassikern bis zu aktuellen Ausgaben. Und ich würde mal vermuten, der größte Teil der Jahreskarten für das Museum wird von passionierten Mangalesern gekauft, die sich hier durch die Regale arbeiten.
Auch wenn die Dauerausstellung „What is Manga?“ komplett zweisprachig (Japanisch und Englisch) beschriftet ist, war mein Eindruck, dass sie sich doch primär an ein japanisches Publikum richtet, das mit Manga groß geworden ist. Die Ausstellung zeigt, dass es Manga für jede Alters- und Zielgruppe gibt, blickt auf die Adaptionen der Geschichten fürs Fernsehen und macht deutlich, wie viel Geld im Merchandising steckt. Es wird ein Blick hinter die Kulissen der Entstehung eines Manga geworfen und vorgerechnet, dass es für einen Mangazeichner ein weiter Weg ist, bis er oder sie vom Zeichnen leben kann. Interessant waren die ausgestellten Manga aus der Kriegs- und Nachkriegszeit, die für Regierungspropaganda benutzt (oder eher missbraucht) wurden bzw. erzieherische Zwecke hatten (z. B. Gesundheitsbildung). Während bei uns Manga gleich als Buch(reihe) veröffentlicht werden, gibt es in Japan unzählige Manga-Magazine, in denen eine Geschichte zunächst in Fortsetzung erscheint. Nur, wenn sie da erfolgreich ist, wird irgendwann ein Buch bzw. eine Reihe daraus.
Was mir persönlich gefehlt hat, war ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des Manga bzw. seine Vorläufer. Hier also noch ein bisschen Angeberwissen, das ich aus verschiedenen Quellen zusammengetragen haben: Als erste Manga gelten die noch heute zu sehenden Zeichnungen aus dem 12. und 13. Jahrhundert im Kozanji Tempel, eine Stunde Fahrt von Kyoto entfernt. Sie sind eine Satire auf das Leben bei Hof, das durch Tiere dargestellt wird. Der Begriff Manga leitet sich ab von den Worten für komisch und Bild, und Manga haben qua Definition den Zweck der Unterhaltung. Der Begriff wurde u. a. vom berühmten Maler Hokusai (ja, der mit der großen Welle) für seine Holzschnitte benutzt. Der erste moderne Manga Japans stammt aus dem Jahr 1947 und basiert auf dem Buch Die Schatzinsel von Robert Louis Stevenson.
Alles in allem fand ich das Museum etwas enttäuschend, da besagte Manga-Bibliothek für ausländische Besucher nicht mehr als nur hübsch anzusehen ist. Die Dauerausstellung ist mit 11 Stationen auch schnell durchschritten. Immerhin liegt der Eintritt mit 800 Yen (aktuell rund 6 Euro) deutlich unter dem, was europäische Museen verlangen. Und je nachdem, welche Sonderausstellung geboten wird, dürfte es sich für echte Mangafans trotzdem lohnen. Übrigens: das Museum sucht Manga aus aller Welt. Wer also etwas spenden will, kann so zur Erweiterung der Sammlung beitragen.
Mehr zum Mangamuseum auf der Museumswebsite.